EA – schlimmstes Unternehmen der USA?

Der amerikanische Computerspielehersteller und Publisher Eletronic Arts (EA) wurde zum zweiten Mal in Folge von den Lesern des Verbrauchernachrichtenblogs „The Consumerism“ zum „Worst Company in America“ – also zum schlimmsten Unternehmen in den USA gewählt und das noch vor der Bank of America und dem sozialen Netzwerk „Facebook“. Klarerweise muss man diesen „Award“ – wenn man ihn den so nennen kann – mit Vorsicht genießen. Denn die Wahl ist dadurch, dass sie auf die Leser des Consumerism beschränkt ist weder repräsentativ noch sonderlich realitätsnah. Bei aller Kritik an besagtem Publisher erschließt es sich mir nicht, wieso dieser ausgerechnet das schlimmste Unternehmen Amerikas sein soll. Viel eher dürfte es sich um das Unternehmen mit der höchsten Kundenunzufriedenheit handeln, denn Waffenproduzenten die Tötungsmaschinen herstellen oder Banken, die eine schwerwiegende Finanzkrise ausgelöst haben, sind wohl eindeutig als „schlimmer“ zu beurteilen als ein Vertreiber von Videospielen, selbst wenn dieser zweifelhafte Geschäftspraktiken nutzt.

Trotz dieser Zweifel an der Art und der Repräsentativität der Wahl bin ich der Meinung, dass diese in doppelter Hinsicht zweifelhafte Auszeichnung bei EA genug Anlass zum Nachdenken über die eigene Rolle bietet. In Sachen Kundenunzufriedenheit dürfte EA nämlich in der Tat in den vorderen Positionen zu finden sein, was wohl auch den Verantwortlichen bewusst ist. Der Computerspielemarkt ist sowohl auf Seiten der Produzenten als auch auf Seiten der Konsumenten derzeit in einer schwierigen Position.

Während die Preise für Videospiele sich seit Jahren auf einem konstanten Niveau befinden, sind die Entwicklungskosten exorbitant gestiegen. Viele einst sehr kleine Firmen haben sich innerhalb von wenigen Jahren enorm vergrößert. Die neuen Mitarbeiter waren zu Beginn der 2000er Jahre vor allem für die Erstellung und Entwicklung von 3d-Oberflächen in Spielen wichtig. Das Hauptaugenmerk der Entwicklung wurde – auch begünstigt durch die neuen Konsolengenerationen – auf Grafik und Benutzerfreundlichkeit gelegt, während Story, Gameplay, Innovation und Kreativität in den Hintergrund rückten. Das hatte zur Folge dass zwar immer schönere, benutzerfreundlichere aber leider auch innovationsärmere und zunehmend leichtere Spiele auf den Markt gebracht wurden. Um der steigenden Entwicklungskosten Herr zu werden, versuchten viele Spieleproduzenten ihre Zielgruppe zu vergrößern, indem sie Spiele zugänglicher und schöner gestalteten um so den „Massenmarkt“ anzusprechen. Der Versuch es allen potentiellen Konsumenten recht zu machen, ist jedoch schon von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Bei der Suche nach einem kleinsten gemeinsamen Nenner muss nämlich jede Konsumentengruppe Abstriche hinnehmen, sei es in Sachen Komplexität um Neukunden nicht zu überfordern oder sei es in Sachen Gameplay, wo jüngere und ältere Spieler in der Regel unterschiedliche Ansprüche haben. Daneben sind vor allem die Publisher auch darauf bedacht möglichst schnell Gewinne zu machen. Zur Erreichung dieses Zieles nehmen sie es in Kauf, bugverseuchte Spiele auf den Markt zu bringen um am Tag der Veröffentlichung noch einen „Day-1-Patch“ nachzureichen, denn schließlich hat heute ohnehin jeder Internet und kann sich den Patch herunterladen, wenn er ein einigermaßen bugfreies Spiel haben möchte. Zumindest dürfte dies die Sichtweise der Publisher sein.

Die Sims 3 von EA

Auch Mikrotransaktionen, Downloadable Content (DLC) – meist zu überteuerten Preisen – und besonders die Ausschaltung des Gebrauchtmarkts unter dem Deckmantel des Kopierschutzes dienen dazu, schnell und unter geringen Kosten Erträge zu erwirtschaften. Letzteres wird vor allem durch Online-Vertriebsplattformen wie Steam, Origin oder Uplay erreicht. Um beispielsweise steamgebundene Spiele spielen zu können, muss man Steam installieren und einen dafür nötigen Account erstellen, der laut den Nutzungsbedingungen von Steam nicht weiterverkauft werden darf. Und selbst wenn man aus berechtigten Gründen annimmt, dass die Nutzungsbedingungen ohnehin nichtig sind, weil man ein steamgebundenes Spiel beispielsweise im Geschäft gekauft hat, wo man keine Gelegenheit hat, die Bedingungen zu lesen, so nützt einem das in der Praxis nichts, da der Account trotzdem nicht übertragbar ist und bei Verstößen gegen die (egal ob legalen oder illegalen) Nutzungsbedingungen jederzeit gesperrt werden kann. In diesem Zusammenhang hat die Verbraucherzentrale Deutschland vor kurzem eine Klage gegen Valve eingereicht, was einem jedoch bis zu einer Urteilsverkündung und bei einer wahrscheinlichen Ausnützung des Instanzenzugs auch darüber hinaus nicht wirklich viel nützt. Dass sich Valve, Ubisoft und EA darüber hinaus das Recht vorbehalten ihren Service, sprich die vorhin genannten Plattformen, abzuschalten und somit auch alle sich darauf befindlichen Spiele steht meines Erachtens im Gegensatz zu der Tatsache, dass besagte Vertriebsplattformen damit werben, man würde sich Spiele „kaufen“.

Gerade EA hat sich in diesem Zusammenhang besonders unbeliebt gemacht. Zuerst schrieben sie in ihre Nutzungsbedingungen von Origin, dass sich der Nutzer bereit erkläre, seine persönlichen Daten für EA zur Verfügung zu stellen, was ihnen eine aufsehenerregende mediale Schelte einbrachte, die sogar in zahlreichen Tageszeitungen aufgegriffen wurde. Dann legte die lange beworbene Spielfortsetzung „Simcity 5“ einen buchstäblichen Bauchfleck hin. Trotz der hohen Vorbestellerzahlen, die EA sicherlich bekannt waren, funktionierten tagelang die Server nicht. Das onlinepflichtige Einzelspieler-Strategiespiel war damit nicht spielbar. Und obendrein stellte sich dann noch heraus, dass die beworbenen Eigenschaften des Spiels – hohe künstliche Intelligienz, viele Möglichkeiten der Spielgestaltung – praktisch nicht vorhanden waren. Abgesehen von der Grafik habe sich das Spiel im Vergleich zum wesentlich älteren Vorgänger Simcity 4 in keiner Hinsicht verbessert. Im Gegenteil, es sei sogar schlechter geworden, so die Meinung zahlreicher Spieler des neuesten Ablegers. Die Karten seien kleiner, das Spiel würde im fortgeschrittenen Spielverlauf nicht mehr richtig „simulieren“ und der Onlinezwang führe zu gelöschten Speicherständen. In diesem Zusammenhang sei vielleicht noch erwähnt, dass Simcity 5 genau wie alle anderen AAA-Titel, die auch online auf Steam oder Origin erhältlich sind, nicht nur als Retailversion sondern auch als Onlinekauf 50-60 Euro Neupreis kosten und dass, obwohl beim Onlinevertriebsweg eigentlich zahlreiche Kosten wie Transport, Personal, Logistik wegfallen.

Die zahlreichen Probleme, denen sich der Videospielemarkt derzeit gegenübersteht, führten und führen zu einer Zunahme von Nischenmärkten in diesem Bereich. So werben manche Produzenten und Publisher mit DRM-freien Titeln, zahlreiche Kickstarter-Projekte versuchen eine neue Art der Computerspielproduktion zu entwickeln und die Zunahme von Onlinevertriebsplattformen führt immerhin zu einem neuen Preiswettbewerb. Gerade EA hilft mit seiner rigorosen DLC-Politik, dem Onlinezwang, bugverseuchten und innovationsarmen Spielen mit, diese eben genannten Entwicklungen zu fördern.